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  • STEAG zeigt sich gut erholt

    Nach einem schwierigen Jahr 2020 belegen Kennzahlen für 2021 erste Transformationserfolge

    Essen. STEAG kann zum Ende des dritten Quartals des laufenden Geschäftsjahres mit ermutigenden Kennzahlen aufwarten. So liegen Umsatzerlöse und das operative Ergebnis EBIT des Konzerns über dem Vorjahresniveau. Noch 2020 hatte das Essener Energieunternehmen bedingt durch außerordentliche Belastungen aus dem Kohleausstieg und einen selbst angestoßenen Transformationsprozess ein schwieriges Jahr zu meistern.

    Die aktuellen Geschäftszahlen bestätigen die gute Entwicklung des traditionsreichen Energieunternehmens nach einer in mehrfacher Hinsicht herausfordernden Phase der Neuausrichtung. Neben den allgemeinen wirtschaftlichen Verwerfungen aufgrund der Corona-Pandemie hatte STEAG insbesondere die Auswirkungen des 2020 gesetzlich geregelten Ausstiegs aus der Energieerzeugung aus Kohle in Deutschland zu bewältigen sowie die Kosten für ein tiefgreifendes Restrukturierungsprogramm zu verkraften. Insgesamt gehen dadurch in den nächsten Jahren rund 1.000 qualifizierte Arbeitsplätze in Deutschland verloren.

    Bereits Ende 2019 hatte STEAG begonnen, sich grundlegend neu aufzustellen und auf die Wachstums- und Fokusmärkte der Energiewelt von morgen auszurichten: „Wir haben uns auf unsere traditionellen Stärken in Energietechnik und Energiewirtschaft fokussiert“, sagt Joachim Rumstadt, Vorsitzender der Geschäftsführung der STEAG GmbH. So konzentriere man sich künftig vor allem auf Industriekundenlösungen bei der Planung, Umsetzung und dem Betrieb komplexer Anlagentechnik und Dekarbonisierung sowie auf erneuerbare Energien, Wasserstoff und digitale Energiedienstleistungen.

    STEAG setzt auf Wasserstoff
    STEAG ist erst jüngst einem internationalen Kooperationsverbund beigetreten, der sich um den Hochlauf einer Wasserstoffwirtschaft in der „Grande Region Hydrogen“ im Saarland, in Luxemburg und in der angrenzenden französischen Region Lothringen bemüht. „Die Teilprojekte, die die Partner hier gemeinsam rund um das Thema Wasserstoff angehen, zielen darauf ab, bis 2030 umweltschädliche CO2-Emissionen von rund 980.000 Tonnen pro Jahr einzusparen“, erläutert Dr. Ralf Schiele, der als Geschäftsführer der STEAG GmbH die Bereiche Markt und Technik verantwortet. Für Wasserstofferzeugung und dazugehörige Transportinfrastruktur werden die Kooperationspartner Investitionen von rund 600 Millionen Euro tätigen; darunter etwa 74 Millionen Euro für den Bau des „HydroHub Fenne“ im saarländischen Völklingen.

    Kohleausstieg erfolgreich eingeleitet
    Damit steht der traditionsreiche STEAG-Standort beispielhaft für den tiefgreifenden Wandel des Essener Energiekonzerns. Denn wo ab Mitte des Jahrzehnts mit der Wasserstoffproduktion ein neues Kapitel für Energiewirtschaft und Industrie im Saarland anbricht, endet voraussichtlich im kommenden Herbst für STEAG das Kapitel Steinkohle. „Bis spätestens Ende Oktober 2022 wird mit Walsum 10 im nordrhein-westfälischen Duisburg nur noch ein Steinkohlekraftwerk von STEAG in Deutschland am Markt sein. Damit werden wir unseren eigenen Kohleausstieg weitaus schneller vollziehen, als viele uns zugetraut haben“, so Joachim Rumstadt. Insofern sei STEAG auch von einem möglicherweise auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg, wie er derzeit von der künftigen Bundesregierung in Betracht gezogen wird, nicht betroffen.

    Denn STEAG hat seit Ende 2020 mehrfach erfolgreich an den Stilllegungsauktionen nach dem Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG) teilgenommen. Dabei waren insgesamt vier Kraftwerksblöcke des Unternehmens bezuschlagt worden. Zudem prüft STEAG für den letzten verbleibenden Kraftwerksblock Walsum 10 technische und wirtschaftliche Optionen für einen Brennstoffwechsel von Steinkohle auf Biomasse oder auch Erdgas.

    Ferner findet der zeitnahe Abschied von der Steinkohle bei STEAG jenseits der Kraftwerksstilllegungen auch im Verkauf der bisherigen Tochtergesellschaft Power Minerals seinen Ausdruck, die auf die Vermarktung von Kraftwerksnebenproduktion spezialisiert ist. Im Frühjahr 2021 hat STEAG die bisherige Konzerntochter an den tschechischen Konzern EPH verkauft. „Dies war nicht nur ein weiterer, wichtiger Schritt in Richtung der strategischen Neuausrichtung von STEAG, sondern der neue Eigentümer bietet unseren scheidenden Kolleginnen und Kollegen eine aussichtsreiche Berufsperspektive“, zeigt sich STEAG-Personalgeschäftsführer und Arbeitsdirektor Dr. Andreas Reichel zufrieden. Hier, vor allem aber auch im Falle der künftig wegfallenden Arbeitsplätze an den Kraftwerksstandorten, sei es gelungen, gemeinsam mit Arbeitnehmervertretung und Gewerkschaft bestmögliche Lösungen für die ausscheidenden Beschäftigten im Rahmen von Einzelinteressenausgleichen zu finden. „Betriebsbedingte Kündigungen konnten wir bisher vermeiden“, unterstreicht Reichel.

    Zukunftsprojekte
    Auch dies trägt dazu bei, STEAG neue Spielräume für Zukunftsinvestitionen zu verschaffen: Neben dem optionalen Brennstoffwechsel beim einzigen verbleibenden Steinkohleblock Walsum 10, ist am selben Standort ebenfalls eine Wasserelektrolyse von bis zu 500 Megawatt (MW) geplant, die einen relevanten Beitrag zur Dekarbonisierung von Europas größtem Stahlstandort Duisburg leisten soll. Einige Kilometer weiter östlich, in Herne, wird 2022 eines der weltweit modernsten Gas- und Dampfturbinenkraftwerke (GuD) in Betrieb gehen. „Diese Anlage erzeugt nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung nicht nur Strom, sondern auch Wärme und sichert die Fernwärmeversorgung im mittleren Ruhrgebiet für die kommenden Jahrzehnte“, sagt Ralf Schiele.

    Zudem ist am Kraftwerksstandort Herne mit dem Umstieg vom bisher genutzten Energieträger Steinkohle auf Erdgas auch ein signifikanter Rückgang der CO2-Emissionen um mehr als die Hälfte verbunden. „Diese Emissionsreduzierung kann in Zukunft auch noch höher ausfallen, weil das neue GuD technisch bereits in der Lage ist, zu einem gewissen Anteil Wasserstoff mit zu verbrennen“, so Ralf Schiele. Langfristig sei auch eine technische Ertüchtigung der Anlage denkbar, um diese dann vollständig auf Wasserstoffbasis zu betreiben. Ferner rüstet STEAG den 2022 außer Betrieb gehenden Steinkohleblock Herne 4 zu einem erdgasbefeuerten Heizkessel um, der künftig der Fernwärmebesicherung dienen wird.

    Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen
    All diese zukunftsweisenden Projekte tragen dazu bei, STEAG auch wirtschaftlich zukunftsfest zu machen. Denn auch die mit den laufenden Projekten verbundenen Zukunftsperspektiven hatten ihren Anteil daran, dass STEAG dank einer klaren Transformationsstrategie mit ihren Gläubigern vor wenigen Wochen eine Anschlussfinanzierung bis Ende 2023 abschließen konnte. „Dies verschafft uns den notwendigen finanziellen Spielraum, um den erfolgreich eingeschlagenen Transformationspfad entschlossen weiterzugehen“, sagt Ralf Schmitz, Chief Transformation Officer von STEAG und in dieser Funktion auch verantwortlich für den Finanzbereich des Unternehmens. Die komplexen Finanzierungsverhandlungen sind auch der Grund, warum der Jahresabschluss 2020 erst jetzt veröffentlicht werden kann.

    Positiver Trend bei den wirtschaftlichen Kennzahlen
    Ablesbar ist die positive Geschäftsentwicklung im laufenden Jahr auch an einigen einschlägigen Kennzahlen. Das Eigenkapital der STEAG GmbH konnte auch im schwierigen Geschäftsjahr 2020 stabil bei 478,3 Millionen Euro gehalten werden. Das Konzerneigenkapital nach IFRS, das im Geschäftsjahr 2020 noch einen Wert von minus 108,9 Millionen Euro aufwies, wird am Ende des Geschäftsjahres 2021 wieder positiv sein. Für diese erfreuliche Entwicklung sind vor allem Einmaleffekte verantwortlich, die sich jedoch anders als 2020 im laufenden Geschäftsjahr positiv ausgewirkt haben. Dazu zählen die vertragliche Einigung mit dem österreichischen Energiekonzern EVN über den Ausstieg aus der Betreibergesellschaft des jungen Steinkohlekraftwerks Walsum 10 sowie die erfolgreiche Teilnahme an den Stilllegungsauktionen für Steinkohlekraftwerke gemäß Kohleverstromungsbeendigungsgesetz (KVBG). Diese positiven Einmaleffekte ermöglichten es, die Finanzverschuldung des STEAG-Konzerns bis zum Ende des dritten Quartals 2021 um mehr als 300 Millionen Euro und damit mehr als ein Fünftel zurückzuführen.

    Erste schnelle Erfolge aus der eingeschlagenen Strategie zeigen sich ferner beim Konzernumsatz. Dieser liegt nach den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahrs mit 1,6 Milliarden Euro um 12,9 Prozent über dem Vorjahr. Auch das EBIT des STEAG-Konzerns nach IFRS zeigt sich mit 137,9 Millionen Euro gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum um sieben Prozent verbessert. Es liegt auch deutlich über den Erwartungen zu Beginn des laufenden Geschäftsjahres. Angesichts positiver Rahmenbedingungen dürfte sich die positive Ergebnisentwicklung im vierten Quartal 2021 fortsetzen.

    „Grundsätzlich können wir mit der aktuellen Entwicklung von STEAG zufrieden sein“, bilanziert Ralf Schmitz. So habe die angestoßene Transformation des Unternehmens deutlich früher als noch vor einem Jahr kalkuliert Erfolge gezeitigt: „Daran wollen wir anknüpfen und unseren Weg in den kommenden Jahren entschlossen und mit wachsendem Erfolg fortsetzen.“

    STEAG auf einen Blick
    Konzernzahlen nach IFRS

    in Millionen Euro 2020 2019 Veränderung in %
    Umsatz
    EBITDA
    EBIT
    Konzernergebnis nach Steuern
    Investitionen
    Gesamtliquidität
    Beschäftigungszahl
    EBIT-Marge (in %)
    2.018,4
    368,0
    200,1
    -170,3

    155,1
    507,6
    6.258
    9,9
    2.087,3
    372,5
    210,2
    131,9

    136,9
    423,9
    6.378
    10,0
    -3,3
    -1,2
    -4,8
    k.a.

    13,3
    19,8
    -1,9
    k.a.